ZSAW-BB
Zentrum für Studiengangsentwicklung, Aus- und Weiterbildungsforschung
Das Zentrum für Studiengangsentwicklung, Aus- und Weiterbildungsforschung (ZSAW-BB) ist eines der wissenschaftlichen Zentren der Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB).
Es vereint unter seinem Dach alle inhaltlichen und konzeptionellen Aspekte der Lehre:
- (Weiter-)Entwicklung von Studiengängen, einschließlich der Konzeption und Erprobung innovativer Lehr-, Lern- und Prüfungsformate sowie der wissenschaftlichen Evaluation durch Ausbildungsforschung,
- Etablierung einer Reflexionskultur im Bereich der Aus-, Weiter- und Fortbildung zur systematischen Analyse, Sicherung und Verbesserung der Lehrqualität sowie
- Qualifizierung und Professionalisierung Lehrender durch die Beteiligung am hochschuldidaktischen Weiterbildungsangebot.
Darüber hinaus unterstützt das ZSAW-BB beim Aufbau eines standortübergreifenden Forschungsnetzwerks in der medizinischen Aus-, Weiter- und Fortbildung und versteht dabei das Konzept des „Forschenden Lehrens und Lernens“ als wesentliches Instrument zur Förderung einer gemeinsamen Identitätsentwicklung vor dem Hintergrund der dezentralen Hochschulstruktur.
Doktorand*innen begleiten wir strukturiert auf dem Weg von den ersten Schritten in der Wissenschaft hin zu reflektierten Nachwuchswissenschaftler*innen, die ihre Forschung eigenständig und selbstbewusst vertreten. Neben einer engen individuellen Betreuung bieten wir gezielte Workshops und Veranstaltungen an, die sowohl methodische als auch überfachliche Kompetenzen fördern.
Wir organisieren die monatlich stattfindende IAG Ausbildungsforschung, die einen offenen Austausch zu aktuellen Forschungsprojekten ermöglicht und kooperieren über die MHB hinaus eng mit Ärzt*innen und Forscher*innen u.a. der Universitäten Kopenhagen, Leipzig und der Freien Universität Berlin.
Wir organisieren ein studienbegleitendes Mentoratsprogramm und eine Mentoring-Reihe für Nachwuchswissenschaftler*innen: „Lebenswege - wie ich wurde, wer ich bin“. Hier teilen inspirierende Persönlichkeiten ihre ganz persönlichen Werdegänge und geben wertvolle Einblicke in die Herausforderungen und Entscheidungen auf ihrem Weg.
Zentrumsleitung
Prof. Dr. Stefanie Oess
Tel: 03391 3914800
03381 412660
Zentrumsleitung
Prof. Dr. Olaf Ahlers
Tel: 03391 3914803
Franz Eggert
Marie Tarara
Livia Tremmel
Saeid Sadeghpour
Nähere Informationen auf der Seite der IAG Ausbildungsforschung
Lea Freimüller
Lennart Gretschel
Lara Lemm
Laura Podschus
Josephine Stark
Lilly Vilsecker
Annika Wagner
Sebastian Weiss
2025
Wagner A, Gretschel L, Reinsch S. Unerfüllte Bedürfnisse in der ländlichen Adipositasversorgung. Erfahrungsberichte von Menschen mit Adipositas aus einer qualitativen Interviewstudie. Z Allg Med (accepted for publication)
2024
Schendzielorz J, Jaehn P, Holmberg C. Planning, implementation and revision of the longitudinal scientific curriculum at the Medical School Brandenburg (2024). GMS J Med Educ 2024;41(2):Doc16. https://dx.doi.org/10.3205/zma001671
Schendzielorz J, Harre K, Tarara M, Oess S, Holmberg C (2024). Digitale Technologien in der Allgemeinmedizin. Aktueller Stand und zukünftige Anforderungen. Z Allg Med 100:21-29. https://doi.org/10.1007/s44266-023-00145-w
Reinsch S. Life Expectancies. In Matthes D, Kehr J. et al. (Hrsg) Radical Health. Cache IV, Zürich: intercom Verlag, 17-29. https://cache.ch/radicalhealth/subjectivities/lifeexpectancies/survivingpredictions
Gretschel S, Morgner A, Schindler C, Zierenberg NA, Kusian H, Herkner M, Reinsch S, Schoeneich F, Neugebauer EAM & Elbelt U. 2024. Correlation between Obesity and Socioeconomic and Psychological Characteristics of Students Attending Different Rural School Types. Children, 11(6), 648. https://doi.org/10.3390/children11060648
König A, Reinsch S. “I Am Happy to be Alive, But I Prefer to Have Children Without My Chronic Disease:” Chronically Ill Persons’ Views on Reproduction and Genetic Testing for their Own Condition. New Genetics and Society, 43(1) https://doi.org/10.1080/14636778.2024.2332299
Reinsch S. Between Uncertainty and Routinisation: Accounting for Non-Invasive Prenatal Genetic Testing in Germany. In Hadolt B. & Stoeckl A. (Hrsg) Hope and Uncertainty in Health and Medicine. Imagining the Pragmatics of Medical Potential, Bielefeld: transcript, 2024.
2023
Reinsch S, Niewöhner J & Schwarz C. The Weariness of Hoping: Managing Affect while Awaiting Organ Transplantation for Cystic Fibrosis in Germany. Medical Anthropology, 2023; 42(6):593-606. https://doi.org/10.1080/01459740.2023.2240946
Reinsch S, Walther J, Oess S, Tschorr W, Nübel J, Schwanemann J & Leineweber CG. The Problem Based Learning Classroom as a Community of Practice: Learning, Practice and Professional Identity Formation in the First Year of Medical Education. Journal of Problem Based Learning in Higher Education, 2023;11(1):60-78. https://doi.org/10.54337/ojs.jpblhe.v11i1.7372
2022
Bauer J, Schendzielorz J, Oess S, Mantke R: Ausmaß und Integration von Wissenschaftsmodulen in das Medizinstudium an den staatlichen Fakultäten und den privaten staatlich anerkannten Fakultäten in Deutschland: eine Querschnittsstudie (2022). ZEFQ 174:90-96. https://doi.org/10.1016/j.zefq.2022.08.006
Schües C, Reinsch S, Raz A & Rehmann-Sutter C. Can Not Wanting to Know be Responsible? Conceptual analysis and meanings of not-knowing in Israeli and German prenatal genetic practices. In Schües S (Hg) Genetic Responsibility in Germany and Israel. Bielefeld: transcript, 2022, 307-352.Rehmann-Sutter C, Nov-Klaiman T, Hashiloni-Dolev Y, König A, Reinsch S & Raz A. What Does Prenatal Testing Mean for Women Who Have Tested? In Schües C (Hg.) Genetic Responsibility in Germany and Israel. Bielefeld: transcript, 2022, 229-254.
Freeman F, Adair M, Beeler D, Casper R, Herman MP, Reeves D & Reinsch S. Patient-Identified Burden and Unmet Needs in Patients with Cluster Headache: An Evidence-Based Qualitative Literature Review. Cephalalgia Reports, 2022; 5:1-17 DOI:10.1177/25158163221096866
2021
Reinsch S, König A & Rehmann-Sutter C. Decision-making about Non-Invasive Prenatal Testing: Women’s Moral Reasoning in the Absence of a Risk of Miscarriage in Germany. New Genetics and Society 2021; 40(2): 199-215. https://doi.org/10.1080/14636778.2020.1805305
2019
Winkelmann A, Schendzielorz J, Maske D, Arends P, Bohne C, Hölzer H, Harre K, Nübel J, Otto B, Oess S: Der Brandenburger Modellstudiengang Medizin – Aus dem Land für das Land (2019). GMS J Med Educ 36:Doc49. https://dx.doi.org/10.3205/19gma201
2018
Reinsch S, Niewöhner J & Staab D. The Ecology of Care in Cystic Fibrosis. Identification, Decision Making and Learning in a Community Living and Working with a Rare Chronic Illness. Curare – Journal of Medical Anthropology 2018; 41(1+2): 111-129.
Köchling A, Löffler C, Reinsch S, Hornung A, Böhmer F, Altiner & Chenot JF. Reduction of Antibiotic Prescriptions for Acute Respiratory Tract Infections in Primary Care: A Systematic Review. Implementation Science. 2018;13(1):47. https://doi.org/10.1186/s13012-018-0732-y
2016
Reinsch S, Niewöhner J & Staab D. When Care Strikes Back – Some Strategies and Tactics for Dealing with Ambivalence of Visibility in Chronic Illness. Irish Journal of Anthropology 2016; 19(1): 82-90
Reinsch S & Rascher J. Ambivalent Visibility. Chronic Illness and Image in Young Adulthood. MAT – Medicine Anthropology Theory. 2015; 2(3): 168–177.
Ärzte von Morgen: Lernen, Praxis und Professionelle Identitätsentwicklung
Hintergrund
Medizinische Ausbildung hat eine doppelte Zielstellung: die Ärzt:innen von morgen mit dem Wissen und den Fertigkeiten der praktischen Medizin vertraut zu machen als auch eine professionelle Identität zu entwickeln (Merton 1957). Professionelle Identitätsentwicklung wird vorrangig über implizite Erfahrungen mithilfe von Rollenmodellen als Teil des hidden curriculum vermittelt. Zu Beginn des Medizinstudiums werden diese Erfahrung im Kontakt mit den Lehrenden geprägt (Stern & Papadakis 2006).
Problem Orientiertes Lernen (POL) ist das zentrale Lehr- und Lernformat im Brandenburger Modellstudiengang Medizin (BMM) an der MHB (Winkelmann et al 2019). Traditionell werden die POL-Gruppen an der MHB von Ärzt:innen oder wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen moderiert. Allerdings haben diese häufig keine eigene Erfahrung im POL-Format aus der Perspektive eines Teilnehmenden.
In der Literatur wird davon ausgegangen, dass Studierende (Peers) spezifische Kompetenzen und Erfahrung haben, die dazu führen, dass sie sich als Dozierende eignen (Ten Cate & Durning 2007). Insbesondere wird die kognitive Kongruenz, d.h. die Fähigkeit, sich in ihre Peers einzudenken, als Erklärung herangezogen. An der MHB werden Studierende regelhaft in extracurriculären Tutorien für praktische Fertigkeiten des GMA-zertifizierten SkillsLabs eingesetzt.
Der Einsatz von Studierenden als POL-Tutor:innen ist hingegen noch nicht systematisch untersucht worden. Zudem ist unklar, wie der Rollenwechsel von Studierenden zu Dozierenden ihr eigenes Lernen und die Identität als werdende Ärzt:innen sowie die der Studierenden verändern könnte.
Fragestellung
In einer randomisierten Studie im Cross-over-Design haben wir bei Medizinstudierenden im ersten Studienjahr studentisch und ärztlich geleitete POL-Gruppen miteinander verglichen. Ziel der Studie war es zu prüfen, ob die persönliche Erfahrung der studentischen POL-Tutor:innen in Expertise bei der Leitung von POL-Gruppen umgewandelt werden kann und welche Rolle die Erfahrung der studentischen Tutor:innen für die Gestaltung erfolgreicher POL- Sitzungen und die professionelle Identitätsentwicklung hat.
Methodik
Studierende des ersten Studienjahres wurden nach dem Zufallsprinzip in sechs POL-Gruppen mit jeweils acht Studierenden eingeteilt. Die eine Hälfte der Gruppe wurde von studentischen Tutor:innen aus einem höheren Fachsemester, die andere Hälfte von ärztlichen Tutor:innen aus einem Krankenhaus ohne eigene POL-Erfahrung betreut. Nach einem Semester wurden die Gruppen gekreuzt.
Bisher (Stand 09/2022) wurden sechs Fokusgruppeninteriews mit Studierenden in der Zusammensetzung der POL-Gruppen (36 Teilnehmer, 75%) und Interviews mit den beteiligten studentischen POL-Tutor:innen durchgeführt. Prüfungsleistung der Studierenden in den Semesterabschlussprüfungen, soziodemografische Daten wie Alter, Geschlecht, Vorerfahrungen, Abiturdurschnittsnote und die Evaluationsergebnisse wurden verglichen. Die transkribierten Interviews und Fokusgruppen werden von zwei Forschenden unabhängig voneinander sowie in gemeinsamen Analysesitzungen analysiert.
Ausblick
Erste Ergebnisse wurden auf der Jahrestagung der Association for Medical Education in Europe (AMEE) 2022 in Lyon und der Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) 2022 in Halle vorgestellt.
Darin konnten wir zeigen, dass der Einsatz von studentischen POL-Tutor:innen hinsichtlich der Zufriedenheit und der akademischen Leistung im Vergleich zu ärztlichen POL-Tutor:innen nicht unterlegen sind. Das erste Studienjahr im Medizinstudium scheint von entscheidender Bedeutung für die persönliche Entwicklung von Studierenden zu sein, da hier die erste intensive Begegnung mit den zentralen Werte und Normen der medizinischen Praxis stattfindet. Die Teilnahme am Problemorientierten Lernen führt dabei zu einer speziellen Annäherung an die „Community of practice“ (Wenger 1998) der Medizin:
-
An der MHB sind die Grundwerte eine familiäre Atmosphäre, Problemlösung durch Teamarbeit sowie Kommunikation und Reflexion (Winkelmann 2019). Die studentischen POL- Tutor:innen wurden in über 140 Unterrichtsstunden POL und 40 Unterrichtsstunden Kommunikations- bzw. Reflexionstraining pro Studienjahr mit diesen Grundwerten sozialisiert. Die studentischen Tutor:innen verkörpern in ihrer Rolle als POL-Tutor:innen sowohl die Grundwerte der Universität als auch die der Medizinstudierenden.
-
Die studentischen Tutor:innen sind in der Lage, wie die Studienanfänger zu denken, da diese durch das eigene Studium ähnliche Erfahrungen wie die Studienanfänger gemacht haben und vor vergleichbaren Hausforderung gestanden haben (Dewey 1963). Die kognitive Kongruenz ermöglicht den studentischen POL-Tutor:innen eine spezifische Lernatmosphäre zu schaffen, unter denen die Studienanfänger ihre eigenen Erfahrungen machen können. Die entsprechenden eigenen Erfahrungen können im Rahmen der didaktischen Vermittlung nicht weitergegeben werden, sondern müssen regeneriert werden. Sie sind wie eine Welle, die sich durch die Generationen hinweg ausbreitet (Harris 2005).
-
Studienanfänger bilden eine professionelle Identität, indem sie die Werte und Normen reflektieren, die sie in den verschiedenen Arten der Zusammenarbeit während des POL- Unterrichtes kennenlernen. Studentische Tutor:innen höherer Semester, die in den angestrebten professionellen Werten sozialisiert wurden, bieten als Rollenmodelle für die „Ärzte von Morgen“ einen Kontrast mit Dozierenden, die an anderen Fakultäten und unter anderen Umständen sozialisiert wurden. Der Vergleich zwischen verschiedenen Rollenmodellen in einem nicht- hierarchischen Format wie POL bietet einen Reflexionsraum, um die Erfahrungen für die beginnende Entwicklung der eigenen Rollenidentität in der Medizin zu nutzen.
Team
Dr. med. Stefan Reinsch, M.A. (Projektleiter)1,2, Jannis Schwanemann2, Can Gero Leineweber2, Juliane Walther2, Jonathan Nübel2,3 Wiebke Tschorr2, Prof. Stefanie Oess2
1Zentrum für Versorgungsforschung (ZVF-BB), Medizinische Hochschule Brandenburg – Theodor Fontane
2Zentrum für Studiengangsentwicklung, Aus- und Weiterbildungsforschung in Gründung (ZSAW-BB), Medizinische Hochschule Brandenburg – Theodor Fontane
3Herzzentrum Brandenburg, Immanuel Klinikum Bernau, Universitätsklinikum der Medizinische Hochschule Brandenburg – Theodor Fontane
Kontakt
Dr. med. Stefan Reinsch, M.A.
E-Mail: stefan.reinsch@mhb-fontane.de
Referenzen
Harris, M. Riding a wave: Embodied skills and colonial history on the Amazon Floodplain. Ethnos 2005. Dewey J Having an experience. 1963.
Merton RK et al. (Hg) The Student Physician. Cambridege, Harvard Univ. Press, 1957.
Stern DT, Papadakis M. The developing physician--becoming a professional. N Engl J Med. 2006.
Ten Cate O, Durning S. Dimensions and psychology of peer teaching in medical education. Med Teach. 2007.
Wenger E. Communities of practice: learning, meaning, and identity. Cambridge University Press, 1998.
Winkelmann, A. et al. The Brandenburg reformed medical curriculum: Study locally, work locally. GMS, 2019.