Integrierte Arbeitsgruppe "Gender und Diversity in der Gesundheitsversorgung"
Bedingt durch biologische, kulturelle und sozio-ökonomische Faktoren weisen Menschen unterschiedliche Risikofaktoren für Krankheitsentstehung, den Krankheitsverlauf und Therapieergebnisse auf. Aspekte der Differenzierung können hierbei Gender- und Geschlechtsidentität/ oder -zuweisung1, Ethnie, Hautfarbe, Bildungshintergrund, Alter, kulturelle Hintergründe, sexuelle Orientierung, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, chronische oder seltene Erkrankung, Familienstand und/ oder weitere individuelle Persönlichkeitsmerkmale sein.
Die verschiedenen Differenzkategorien bleiben in der gesundheitsbezogenen Forschung, Lehre und Praxis häufig unbeachtet und/ oder werden nicht hinsichtlich ihres Zusammenwirkens bedacht. Ursächlich hierfür ist bspw., dass klinische Studien auch heute noch überwiegend keine Trennung zwischen den Geschlechtern vornimmt, sondern an und von weißen2 Männern durchgeführt werden. Auch in Tierversuchen untersuchen in acht von zehn Fachbereichen Forschende hauptsächlich männliche Tiere. Dies führt zu einer Datenverzerrung und einem Informationsmangel, dem „Gender Data Gap“ mit schwerwiegenden Folgen für alle anderen Gruppen.
Mit dem alltäglichen Zusammenspiel der bewussten oder unbewussten Differenzierungen besteht in der Gesundheitsversorgung das Risiko der Mehrfachdiskriminierung und damit einhergehend auch einer Mangelversorgung.
Für Brandenburg, wo ein Viertel der Gesamtbevölkerung älter als 65 Jahre und insbesondere in dieser Altersstufe 51 Prozent weiblich sind, können bspw. geschlechtliche Diskriminierung, Ageism3 und Ableism4 zusammenwirken. Prekäre Lebensumstände, die bedingt durch Altersarmut verstärkt Seniorinnen treffen, wirken sich zusätzlich massiv auf die gesundheitliche Chancengleichheit aus.
Der Gesetzgeber widmet sich dem Fakt der bisherigen Vernachlässigung der Geschlechterdifferenz und intersektionaler Perspektiven im Gesundheitswesen durch Finanzierungsangebote zur wissenschaftlichen Erfassung und Bearbeitung der diversen Bedarfe. Anfang 2022 ist eine Verordnung der Europäischen Union in Kraft getreten, die den Missstand korrigieren soll. Klinische Prüfungen müssen die Teilnehmenden künftig repräsentativ für die Bevölkerungsgruppen auswählen – das schließt Alter und Geschlecht mit ein. Im Koalitionsvertrag 2021 ist eine systematische Integration gendermedizinischer Aspekte in die medizinischen Ausbildungscurricula vorgesehen. Jedoch sind in Deutschland entsprechende Lehrangebote und Forschungsergebnisse in der medizinischen, sowie psychologischen Ausbildung und somit der Praxis nach wie vor wenig präsent.
Mittelfristig soll die Arbeit der IAG somit zur Integration von Geschlechter- und Diversitätsperspektiven in die Aus- und Weiterbildung von medizinischem und psychologischen Personal, Fachkräften anderer Gesundheitsberufe, Lehrenden und Forschenden beitragen.
Um auch Studierende frühzeitig einzubinden, integriert die IAG das von der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) initiierte Studierendenprojekt GiM (Geschlecht in der Medizin) als Lokalgruppe Brandenburgs. Auch hier sind nicht nur Studierende der Medizin, Psychologie angesprochen, sondern explizit auch die, benachbarter Fachgebiete wie Zahnmedizin, Gesundheits- oder Pflegewissenschaften, Pharmazie, Humanbiologie und weitere. Über bundesweite Thementage und der Zusammenarbeit mit den Universitäten ist auch hier das Ziel, die Lehre der verschiedenen medizinischen Fakultäten mitzugestalten.
Inter- und transdisziplinär agierend kann damit eine über die gesamte Lebensspanne hinweg, moderne individuelle patient*innenzentrierte Gesundheitsversorgung im MHB-UKV-Verbund und über die Grenzen Brandenburgs hinaus gestaltet werden.
1 Das sogenannte biologische Geschlecht wird international als „Sex“ betitelt, im Gegensatz zum zugewiesenen oder
auch sozialen Geschlecht „Gender“. Sowohl biologisch als auch sozial gibt es mehr als nur zwei klar voneinander klar
abgegrenzte Geschlechter.
2 Mit weiß wird nicht zwingend ein Hautkolorit beschrieben, sondern die Positionierung und gesellschaftliche Zuschreibung. Er ist Ausdruck für Privilegien und z.B. der Erfahrung als Maßstab zur Beurteilung nicht-weißer Menschen, ohne hierbei selbst als weiß markiert zu werden. Daher wird weiß kursiv gesetzt. Siehe auch https://www.idaev.de/recherchetools/glossar, letzter Zugriff 30.06.2023
3 Diskriminierung aufgrund des Alters
4 Diskriminierung aufgrund einer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung
Georgia Fehler - MHB zentrale Gleichstellungsbeauftragte
Tamy Borbe - Medizin-Studentin (MHB)
Ellen Ahmann - Medizin-Studentin (MHB)
Prof. Dr. Irene Hinterseher - MHB-Vizepräsidentin, Sektionsleitung Gefäßchirurgie ukrb
Prof. Dr. Johannes M. Albes - Immanuel Klinikum Bernau, Herzzentrum Brandenburg, Professur Kardiochirurgie
Prof. Dr. Christine Holmberg - MHB-Institute für Sozialmedizin und Epidemiologie sowie für Allgemeinmedizin, Professur Sozialmedizin und Epidemiologie
Dr. Claudia Diedrichs - Leitung Zentrum für Alternsforschung Brandenburg der MHB
Dr. Viyan Sido - Immanuel Klinikum Bernau, Herzzentrum Brandenburg, Fachärztin Herzchirurgie
Dr. Luise Langhans - Fachärztin für Augenheilkunde UKB
Dr. Roya Ostovar - Immanuel Klinikum Bernau, Herzzentrum Brandenburg, Funktionsoberärztin Herz- und Gefäßchirurgie, Leiterin Genderambulanz
PD Dr. Claus Schildberg - Oberarzt Allgemein- und Viszeralchirurgie UKB
Dr. Gesine Dörr - Fachärztin für Innere Medizin, Angiologie, Kardiologie, Chefärztin Alexanier Kliniken Potsdam
Georgia Fehler - MHB zentrale Gleichstellungsbeauftragte
Antonella Lorenz - Gründerin und CEO von Lorenz Care u.a.
Annette von Wedel - Unternehmerin Female Vision e.V.
Tamy Borbe - Medizinstudentin (MHB)
Fiona Eichhorn - Medizinstudentin (MHB), Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie
Ellen Ahmann - Medizinstudentin (MHB)
Webex-Meetingaufzeichnungen:
Geschlechterunterschiede in der Pharmakotherapie (Prof. Dr. O. Zolk)
Passwort: 7MsquraZ
Das Urothelkarzinom und die Geschlechterunterschiede in der Diagnostik und Therapie (Prof. H. Borgmann)
Passwort: PfmJMHM5
Endometriose (Prof. S. Tchaikovski)
Passwort: dDp92qnM
Geschlechtsdimorphismus in der Anatomie (Sven Schumann)
Passwort: Yiqmns6V
Geschlechtsspezifische Genexpression (Jenny Engelmann)
Passwort: mMfRSMG3
Genderspezifika beim Magenkarzinom (Claus Schildberg)
Passwort: 325bRkzV
Geschlechtersensible Medizin und KI (Antonella Lorenz)
Passwort: Qw37g3ip
Geschlechtsunterschiede bei kardiovaskulären Erkrankungen (Dr. R. Ostovar )
Passwort: 3hMy7PE5
Außerdem ist die IAG auf Instgram zu finden unter @GIM_BRANDENBURG.