Situation

Die gesundheitliche Versorgungssituation älterer, teils schon pflegebedürftiger Menschen im ländlichen Raum ist hinlänglich bekannt (wenig pflegerische und medizinische Ressourcen, lange Wege, wenig ausgebauter ÖPNV). Es ist der Wunsch vieler Menschen „so lange zu Hause zu wohnen, wie es geht“. Zudem sind die stationären Pflegeplätze begrenzt. Es gilt also Menschen dabei zu unterstützen so lange, wie möglich selbständig und gesund in der eigenen Häuslichkeit zu verbleiben, um

• Versorgungskrisen zu vermeiden (Dehydrieren vermeiden, Fallprophylaxe, Vereinsamung vermeiden, Lebenszufriedenheit stärken)
• eine frühzeitige Aufnahme in ein Pflegheim zu vermeiden
• lokale Ressourcen von Nachbarschaft und Ehrenamt zu nutzen.

Dies setzt eine bestmögliche Koordination der vorhandenen (begrenzten) Versorgungsressourcen voraus. Lange Wege für Mediziner:innen sollten genauso vermieden werden, wie langwierige Absprachen zur Koordinierung gemeinsamer Versorgungsprozesse über viele verschiedene Medien: Fax, Telefon, E-Mail etc. (Datenabbrüche).
Verschiedene Stimmen fordern für diese Aufgabe den Einsatz von Therapie- und Patientenlots:innen (Sachverständigenrat Gesundheit 2007, IGES-Institut 2018, Koalitionsvertrag 2021).
Die Therapielotsen haben sich zur Aufgabe gemacht genau diese Bedarfe zu bedienen, in dem sie in einem engen Netzwerk um die Klientinnen individuelle Bedürfnisse erfassen und vorhandene Ressourcen verwalten. (www.therapielotsen.de)

Die Therapielotsen gibt es bisher an 6 Standorten, jeweils in Großstädten. Im ländlichen Raum wäre der Einsatz von Therapielotsen noch wichtiger, da hier die regionalen Ressourcen noch begrenzter sind. Dies passiert bisher nicht weil:

• zu lange Fahrtwege – dadurch niedriger Umsatz
• zu wenig Personal – unattraktive Wohnlagen, Landflucht
• zu hohe Strukturkosten / PKW / Technik

Projekt

Es entsteht analog zu den bisher an 6 Standorten in Deutschland etablierten Therapielotsen eine Lotsenstation in der Lausitz. Die Therapielots:innen sind Ergotherapeut:innen, Logopäd:innen und Physiotherapeut:innen. In Zusammenarbeit mit Haus- und Fachärzt:innen (Verordnung von Heilmitteln) etablieren sie für pflegebedürftige (therapiebedürftige) ältere Menschen in der eigenen Häuslichkeit ein ambulantes Netzwerk der pflegerischen, therapeutischen und medizinischen Versorgung. Die Lotsinnen fungieren in diesem Kontext als Koordinator:innen und Moderator:innen. Sie nutzen bestehende Netzwerke und etablieren neue Kooperationsformen. Sie beraten und schulen die teilnehmenden professionellen und ggf. ehrenamtlichen Versorgenden in der Anwendung der Software Pallidoc und Signal zur gemeinsamen fallbezogenen Kommunikation.

Oberstes Ziel der Therapielotsen ist es:

• Gesundheitliche Krisen zu vermeiden (z.B. ungeplante Aufnahme ins Krankenhaus)
• Ressourcen so zu koordinieren, dass die professionellen Versorgenden ihre Kenntnisse und Fertigkeiten möglichst zielgenau einsetzen können.
• Patient:innensicherheit und Patient:innenzufriedenheit im Blick zu haben, so dass sich die versorgten Menschen in der eigenen Häuslichkeit adäquat betreut fühlen.
• Mithilfe der Projektfinanzierung ein Versorgungssystem zu etablieren, das nach Ablauf der Förderzeit wirtschaftlich selbständig funktioniert und somit einen Beitrag zur Versorgungsqualität älterer pflegebedürftiger oder von Pflegebedürftigkeit bedrohter Menschen in der Lausitz leistet.

Evaluation/Forschungsfragen

Welchen Betrag können Therapielots:innen zur adäquaten gesundheitlichen Versorgung älterer Menschen im ländlichen Raum leisten?

Unterfragen

• Wie bewerten niedergelassene Ärzt:innen den Nutzen von Therapielots:innen in der ambulanten Versorgung von älteren Menschen in Brandenburg?
• Wie verändert sich die Lebenszufriedenheit (mit dem Schwerpunkt Gesundheit) der von den Therapielots:innen versorgten Menschen?
• Wie lassen sich Hürden für eine wirtschaftlichen und somit nachhaltigen Einsatz von Therapielotsen im ländlichen Raum überwinden?