Uni in der Pandemie: Wie die digitale Lehre an der MHB funktioniert
Brandenburg an der Havel, 04.12.2020
Es ist Mittwochnachmittag, kurz vor 13 Uhr. Nach und nach trudeln die Studierenden im Hörsaal der Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB) ein. Sehen können sie sich nur auf kleinen Fenstern am unteren Rand ihrer Computerbildschirme. Die 21 Nachwuchsmediziner sind über ganz Brandenburg verteilt: in Brandenburg an der Havel, Neuruppin, Potsdam, Lauchhammer, Bad Saarow oder Rüdersdorf. Ihr Seminar findet als reine Digitalveranstaltung per Videokonferenz statt. Manche folgen der Veranstaltung in ihrem WG-Zimmer vor dem Laptop, andere in einem der voll ausgestatteten Videokonferenzräume der Hochschule.
Auf dem Lehrplan steht heute das interdisziplinäre Seminar „Die ersten sieben Tage eines Neugeborenen“. Dabei geht es um die Frage, wie sich der kleine Körper eines Babys an das Leben außerhalb des Mutterleibs anpasst. Medizinstudentin Alicia Assem sitzt in einem Videoseminarraum an der Immanuel Klinik in Rüdersdorf. Die 22-Jährige studiert Medizin an der MHB und hört zu, wie Kinderärztin Meike Wetzling erklärt, was im Körper eines Neugeborenen in den ersten Tagen nach der Geburt passiert.
Seminare und Vorlesungen finden nur digital statt
Assems Unitag hat heute Morgen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Rüdersdorf begonnen. Morgenbesprechung, Gruppentherapie und Gesprächssitzungen mit den jungen Patienten standen für sie heute auf dem Plan. Aktuell studiert sie im achten Semester und absolviert gerade den praktischen Teil ihrer Ausbildung an Kliniken in Bernau und Rüdersdorf. Den Großteil ihrer Kommilitonen sieht die Medizinstudentin derzeit nur digital. Sie ist froh über die Möglichkeit, trotz der Corona-Pandemie Vorlesungen und Seminare besuchen zu können.
In den letzten Monaten sind digitale Unterrichtsformate von zentraler Bedeutung für die Lehre an den Hochschulen geworden. Nach einem rein virtuellen Sommersemester hat die MHB in diesem Wintersemester mit einem umfassenden Hygienekonzept einen Neustart in die Präsenzlehre gewagt. Doch dort, wo größere Gruppen zusammenkommen müssten, bleibt es bei Online-Veranstaltungen.
Moderne digitale Infrastruktur an allen MHB-Standorten
„Die Kreislaufumstellung ist ein zentraler Moment in der Entwicklung eines Kindes“, sagt Meike Wetzing. „Was muss passieren, damit die Umstellung gelingt?“, fragt die Kinderärztin in eine der beweglichen Kameras an der Wand des Videokonferenzraums. Die technische Ausstattung der Seminarräume an der MHB ist auf dem neuesten Stand. Unter großen Flachbildschirmen sind Kameras installiert, die den Bewegungen und Stimmen im Raum folgen. An der Decke hängen hochsensible Mikrofone, die das Gesprochene aus jedem Winkel des Raumes einfangen. Wer spricht, erscheint im Großbild auf den Monitoren.
Viele der MHB-Standorte verfügen über solch einen hochmodernen Videokonferenzraum. Die Hochschule war schon vor der Corona-Krise gut ausgerüstet für die Lehre über das Internet. Im klinischen Teil des Studiums, ab dem achten Semester, finden die Lehrveranstaltungen ohnehin ausschließlich online statt. Jetzt zahlt sich die Investition in die digitale Infrastruktur aus.
Jenny Engelmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Biochemie der MHB und assistiert heute ihre Kollegin Meike Wetzling. Sie erklärt den Studierenden die biochemischen Prozesse, die im Körper des neuen Menschen ablaufen. Die 31-Jährige forscht an der MHB aber auch zu neuen und besseren Lehrmethoden, insbesondere zu digitalen Formaten.
„Die Hemmschwelle mitzuarbeiten ist online größer“
„Bei Onlineveranstaltungen ist es noch wichtiger, die Studierenden einzubinden und zur Mitarbeit zu aktivieren“, sagt sie. Für viele sei die Hemmschwelle, sich bemerkbar zu machen und offen Fragen zu stellen, in einer Videokonferenz größer als in einem echten Seminar. Ein großer Nachteil sei zudem die fehlende Interaktion während der Sitzungen – Mimik und Gestik blieben bei einer Videokonferenz schlicht auf der Strecke. Engelmann benutzt deshalb verschiedene digitale Anwendungen, um die die Interaktion während der Lehrveranstaltungen zu steigern. Mit Umfrage-, Quiz-Tools, virtueller Gruppenarbeit oder Lehrvideos ließen sich völlig neue Lernformen erproben, so die Wissenschaftlerin. An der MHB werden zudem neuerdings Vorlesungen und Seminare aufgezeichnet, damit die Studierenden sie später nachholen können.
Für Alicia Assem sind diese Videovorlesungen ein großer Pluspunkt des digitalen Studiums in Zeiten der Corona-Pandemie. „Man ist deutlich flexibler, wenn man krank ist oder mal einen Termin hat“, sagt die Studentin. Sie hat selbst davon profitiert: Im Sommer hat sie als Freiwillige in einer Corona-Abstrichstelle ausgeholfen und konnte nach dem Dienst ihre Vorlesungen nachholen.