MHB mit erstem Promovenden
Neuruppin/Rüdersdorf, 16.12.2021
Samuel Thoma ist der erste Promovend der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB). Der Assistenzarzt der Psychiatrie an der Immanuel Klinik Rüdersdorf und wissenschaftliche Mitarbeiter der MHB wird mit Arbeit über Henri Maldineys Philosophie der Psychosen an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften Brandenburg (FGW) promoviert.
„Ich habe mich sehr über die an der MHB gegebene Option der Promotion sehr gefreut und ich fühle mich geehrt, sogar der erste zu sein, der seine Promotionsarbeit verteidigen durfte und nun den akademischen Grad Dr. med. erhalten hat“, sagt Dr. Thoma, der zuvor bereits einen Doktor der Philosophie erhalten hatte.
„Im Namen der MHB gratuliere ich Ihnen, Herr Dr. Thoma, herzlich zur erfolgreichen Verteidigung Ihrer Dissertation. Die Möglichkeit, Dissertationen zu erstellen, ist ein Meilenstein in der Geschichte der MHB und von enormer Bedeutung für unsere junge Universität. Mit diesem Schritt wird der Forschungsaktivität ein großer Schub verliehen und zudem die Attraktivität der MHB erhöht“, freut sich Prof. Hans-Uwe Simon, Präsident der MHB.
Auch Gründungsdekan Prof. Dr. Cornelius Frömmel freut sich über die erste Promotion an der neuen Fakultät: "Mit der ersten Verleihung eines medizinischen Doktortitels und der großen Zahl von weiteren Kandidat*innen, die sich aktuell in unserem strukturierten Qualifikationsprogramm (Promotionskolleg) befinden, beweist die Fakultät für Gesundheitswissenschaften ihre wachsende Leistungsfähigkeit im Bereich der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung. Im Qualifikationsprogramm werden die Promovenden gezielt auf ihre Forschungstätigkeit in Medizin und Gesundheitswissenschaften vorbereitet. Dabei stehen verschiedene wissenschaftliche Fragestellungen im Mittelpunkt, zum Beispiel 'Wie bereite ich eine klinische Studie angemessen vor oder lese sie kritisch?', 'Welche ethischen Gesichtspunkte sind im Bereich der Gesundheitsforschung zu berücksichtigen?' und 'Wie sichere ich gute wissenschaftliche bzw. klinische Praxis?'."
Seine medizinische Promotion mit dem Titel „Im Offenen – Henri Maldineys Philosophie der Psychosen“ versteht Dr. Thoma als ein Beitrag zu den theoretischen Grundlagen der Psychiatrie. „In meiner Dissertation setze ich mich mit dem in Deutschland noch wenig bekannten französischen Philosophen Henri Maldiney (1912-2013) und seiner Bedeutung für die heutige Psychiatrie auseinander. Henri Maldiney ist insofern ein außergewöhnlicher Autor, als er ohne fachliche Ausbildung in der Psychiatrie eine eigenständige Theorie der Psychosen sowie Ansätze für ihre Therapie entwickelt hat. Dabei stand er in engem Austausch mit zahlreichen Psychiater*innen, Psychoanalytiker*innen, Künstler*innen, aber natürlich auch Betroffenen. Maldiney war der Überzeugung, dass man Psychosen immer auch philosophisch verstehen sollte, etwa als radikale Infragestellung der eigenen Existenz oder als Erfahrung von bedrohlicher Offenheit unseres Empfindungsvermögens. Aus praktischer Sicht leitete Maldiney in den 1970er Jahren kunsttherapeutische Angebote in der Psychiatrie ‚Le Vinatier‘ in Lyon und sorgte dafür, dass auch Philosophiestudierende in therapeutische Angebote an der Klinik miteinbezogen wurden. In meiner Arbeit frage ich danach, welche Rolle Maldineys Ansätze in der heutigen psychiatrischen Versorgung und Psychosentheorie spielen könnten, aber auch danach, was aus heutiger Sicht an seinen Konzepten als fragwürdig erscheint“, erläutert Thoma.
Motiviert zu der Arbeit habe ihn neben seinem schon immer gehegten Interesse an Frankreich und französischen Geisteswissenschaften vor allem Maldineys interdisziplinäres Vorgehen – er verbinde in seinen Ansätzen Philosophie mit Sprach- und Kunstwissenschaft, Psychoanalyse und Psychopathologie. „Dieses Vorgehen halte ich auch für die heutige Psychiatrie für dringend nötig, weil man nur so psychisch leidende Menschen als bio-psycho-soziale Wesen verstehen und ihnen sinnvolle Hilfsangebote machen kann“, sagt Thoma, der sich nach seiner Promotion intensiver mit der Haltung Professioneller gegenüber Menschen mit Psychoseerfahrung sowie mit genesungsfördernden Räumen innerhalb und außerhalb der Psychiatrie befassen will, eine spätere Habilitation zu diesem Themengebiet sei nicht ausgeschlossen. „Aber jetzt freue ich mich erst mal auf mehr Zeit mit meinem kleinen Sohn!“
Die Promotionsordnung der Fakultät für Gesundheitswissenschaften (FGW) ist am 26.11.2020 in Kraft getreten. Seitdem sind für Studierende, Nachwuchswissenschaftler*innen und Ärzt*innen der MHB Promotionen über die FGW und die Verleihung der beiden akademischen Grade Dr. med. und Dr. rer. medic. möglich. Aktuell gibt es rund 50 weitere Promotionsverfahren, die nach und nach in den kommenden Monaten zum Abschluss kommen werden.