Im Wechselbad der Gefühle. Symposium zu Bipolaren Störungen stellte neue Behandlungsmethoden vor
Neuruppin, 15. Februar 2018
Unter dem Titel „Bipolare Störungen - im Wechselbad der Gefühle. Eine wissenschaftliche und literarische Annäherung an eine vielschichtige psychiatrische Erkrankung“ fand am gestrigen Mittwoch im Großen Festsaal der Ruppiner Kliniken ein Symposium statt, zu dem die Medizinische Hochschule Brandenburg und die Ruppiner Kliniken gemeinsam eingeladen hatten.
Im Anschluss an eine kurze Einführung erwartete die Teilnehmer eine ganz besondere literarische Lesung. Sebastian Schlösser, der als ehemaliger Theaterregisseur am Schauspielhaus Hamburg selbst an einer bipolaren Störung leidet, las aus seinem Buch „Lieber Matz, Dein Papa hat 'ne Meise“, in dem er als Vater seinem Sohn in einer Reihe von Briefen über seine Zeit in der Psychiatrie berichtet. „Mit seinem Buch hat Schlösser auf eine humorvolle, aber auch sehr eindrückliche Art aus der Perspektive eines Betroffenen Einsichten in das ‚bipolare Wolkenkuckuchsheim‘ ermöglicht. Die Lesung hat einen unglaublichen Sog entfaltet. Schlösser hat es geschafft, mich als Zuhörer total zu fesseln und immer mehr in eine beginnende und sich permanent steigernde Manie reinzuziehen“, beschreibt Dr. med. Thomas Stamm, Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik sowie Ausrichter des Symposiums. „Mit Prof. Dr. Martin Hautzinger hatten wir anschließend einen der führenden Spezialisten im Bereich der Psychotherapie von bipolaren Störungen zu Gast, der uns spannende Alternativen und Ergänzungen zu der konventionellen medikamentösen Behandlungsmethode aufgezeigt hat“, so Stamm weiter.
„Bipolare Störungen sind durch ein vielschichtiges Erkrankungsbild gekennzeichnet. Aus diesem Grund haben wir uns ganz bewusst dazu entschieden, uns in dieser Veranstaltung unterschiedlichen Zugängen dieser Störung zu widmen. Es freut mich sehr, dass dieses Konzept von den Zuschauerinnen und Zuschauern sehr gut angenommen wurde. Neben Studierenden, Kolleginnen und Kollegen nahmen auch Angehörige und Betroffene teil, was ich besonders gut fand. Ein wichtiges Signal war auch, betroffene Personen selbst zu Wort kommen zu lassen“, fasst Stamm zusammen. Perspektivisch sind weitere Veranstaltungen geplant.
Zum Hintergrund
„Bipolare Erkrankungen nehmen bei der Mehrzahl der Betroffenen einen wiederkehrenden Verlauf, das heißt es kommt im Wechsel immer wieder zu depressiven oder manischen Krankheitsepisoden, die häufig mit erheblichen Beeinträchtigungen im sozialen, familiären und beruflichen Alltag verbunden sind. Während man noch vor einigen Jahren überzeugt war, alleine durch die Dauermedikation mit stimmungsstabilisierenden Medikamenten den Verlauf der Bipolaren Störung positiv beeinflussen und neue Krankheitsepisoden nachhaltig verhindern zu können, ist es heutzutage klar, dass Medikamente alleine nicht ausreichen. Eine begleitende Psychotherapie hat sich bei Bipolaren Störungen häufig als sehr hilfreich erwiesen“, erläutert Stamm den aktuellen Forschungsstand.
„Da die wissenschaftlichen Untersuchungen hierzu aber noch ganz am Anfang stehen und die Ergebnisse noch nicht hinreichend sind, werden wir im Rahmen der AG Affektive Störungen der Ruppiner Kliniken in Kooperation mit der Medizinischen Hochschule Brandenburg untersuchen, welche spezifischen Psychotherapien besonders hilfreich für die Vorbeugung, Reduzierung oder Verzögerung von neuen Krankheitsepisoden sind“, erläutert Stamm den Ansatz seines aktuellen Forschungsprojektes A2 Bipolife.
„Mit A2 Bipolife ist Neuruppin der erste non-metropole Studienstandort, der im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierten Forschungsnetzes zu Psychischen Erkrankungen miteinbezogen wird. Wir wirken damit an der weltweit größten Studie zu Psychotherapie bei Bipolaren Störungen mit“, freut sich Stamm, der als Erstautor gerade das Studienprotokoll veröffentlicht. „Der Aufbau einer Spezialambulanz zur klinischen Forschung in der Psychiatrie und Psychotherapie ist bereits im vollen Gang. Ziel ist es, verfeinerte, innovative und evidenzbasierte Angebote für Patienten ab 18 Jahren mit Bipolaren Störungen und deren Angehörige bereit zu stellen. Darüber hinaus wollen wir im Rahmen unserer Studien unser Verständnis und Wissen über diese meist lebenslang begleitende Krankheit weiterentwickeln. Perspektivisch wollen wir mit unserer Forschung einen Beitrag leisten, die Versorgung und Behandlung von Patienten mit Bipolaren Störungen sowohl regional als auch deutschlandweit spürbar zu verbessern“, fasst Stamm zusammen.
Betroffene, die sich für eine Teilnahme an der Studie interessieren, können sich noch unter bipolar@mhb-fontane.de anmelden. Den Informationsflyer zur klinischen Therapiestudie finden Sie hier.