Gemeinsam besser lernen und versorgen
Neuruppin/Senftenberg, 01. November 2021
Was später aus der Berufspraxis nicht wegzudenken ist, soll mit einer neuen semester- und standortübergreifenden Lehrveranstaltung bereits im Studium etabliert werden: Mit der Einführung eines neuen, berufs- und semesterübergreifenden Veranstaltungsformats wird ab dem Wintersemester 2021/22 der interprofessionellen Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Hebammen, Therapeut*innen, Pflegenden und Ärzt*innen noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt.
Noch besser vorbereitet
„Im klinischen Bereich gehört der enge Austausch verschiedener Berufsgruppen heute zum Alltag. Im Studium und in der Ausbildung wird auf dieses spätere Zusammenspiel unserer Wahrnehmung nach aber noch viel zu wenig vorbereitet. In der Regel findet die Ausbildung in den jeweiligen Bereichen ohne viele gemeinsame Berührungspunkte statt. Mit unserem neuen Veranstaltungsformat wollen wir das gleichsam interuniversitär zusammen mit der Brandenburgisch-Technischen Universität ändern und Studierende der Hebammen-, Therapie- und Pflegewissenschaften der BTU gemeinsam mit Medizinstudierenden der MHB ausbilden. Die jungen Menschen sollen so noch besser auf ihre spätere berufliche Praxis vorbereitet werden“, sagt Prof. Christine Holmberg von der MHB.
Patient*innenorientierte Versorgung
Ein wesentliches Ziel des kollegial entwickelten longitudinalen Curriculums sei es, nicht nur das interprofessionelle Denken und Handeln zu fördern, sondern darüber hinaus auch die Wichtigkeit der gemeinsamen Zusammenarbeit für eine patient*innenorientierte Versorgung zu betonen und dabei auch Möglichkeiten der aktiven Ausgestaltung aufzuzeigen. „Wir wollen sowohl ein besseres gegenseitiges Verständnis für die jeweiligen fachlichen Qualifizierungen und Kompetenzen als auch für die jeweiligen strukturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, insbesondere auch, um diese im Kontext der angestrebten Behandlungsziele und der besseren Versorgung der Patient*innen einordnen und anwenden zu können“, so Prof. Holmberg weiter.
Zunehmende Komplexität
Zum Auftakt findet im November 2021 im Rahmen eines ganztägigen Praktikumstages die erste gemeinsame Veranstaltung des neuen Curriculums statt. Es werden rund 130 Studierende beider Hochschulen erwartet. 48 Studierende aus dem Bereich Medizin, 14 aus der Pflege, rund 50 aus der Physiotherapie und 18 zukünftige Hebammen werden gemeinsam das Thema „Interprofessionelles Lernen und Handeln“ diskutieren und bearbeiten.
„Interprofessionelles Arbeiten wird in Zukunft unerlässlich sein, wenn die gesundheitliche Versorgung der immer älter werdenden Bevölkerung sichergestellt werden soll“, unterstreicht Prof. Thomas Boggatz, Leiter des Studiengangs Pflegewissenschaft an der BTU Cottbus-Senftenberg, die Relevanz des neuen Angebotes. „Der zunehmenden Komplexität der Bedarfe kann nur ein Zusammenspiel der unterschiedlichen, an der Versorgung beteiligten Professionen gerecht werden. So kann jede Profession mit ihrem spezifischen Wissensfundus zur Erkennung und Lösung der Problemstellungen beitragen. Hierzu ist eine Verständigung der Berufsgruppen auf Augenhöhe notwendig, wie sie im Rahmen einer hochschulischen Ausbildung vermittelt werden kann.“
Deutschlandweit einmalig
Auch die Studierenden des neuen Studiengangs Hebammenwissenschaft nehmen an dieser Veranstaltung teil. Sie sind neugierig auf das gemeinsame Lernen und die Interaktion mit den anderen Berufsgruppen. Da sich die Studierenden im ersten Semester befinden, konnten sie noch nicht so viele praktische Erfahrungen im interprofessionellen Arbeiten sammeln. „Deshalb ist dieser Tag für die Studierenden eine besondere Herausforderung, aber zugleich auch die perfekte Vorbereitung auf die zukünftige Zusammenarbeit in den vielfältigen Praxiseinsätzen. Die künftigen Hebammen freuen sich auf den Austausch mit den Studierenden der anderen Fachrichtungen“, ergänzt Dr. Franziska Rosenlöcher, Leiterin des Studiengangs.
Die interprofessionelle Lehrveranstaltung soll fest in die Studiengänge Medizin, Therapiewissenschaften, Pflegewissenschaft und Hebammenwissenschaft integriert werden. Dem Auftakt im November folgt die Arbeit in gemischten Kleingruppen sowie die Begleitung durch Dozierende aller Berufsgruppen. In den folgenden Semestern soll das interprofessionelle Studium verstetigt und praxisnah in Form von Fallbesprechungen fortgeführt werden. „Das Konzept von MHB und BTU folgt damit ähnlichen Entwicklungen in ganz Deutschland. Im Unterschied zu anderen Initiativen dieser Art stellt die frühzeitige longitudinale Integration in die einzelnen Curricula sowie die hochschulübergreifende Einbindung von vier verschiedenen Disziplinen deutschlandweit jedoch eine Besonderheit dar“, freut sich Prof. Holmberg.
Kontakt:
Prof. Christine Holmberg
Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie
Telefon: 03381 41-1281
E-Mail: christine.holmberg@mhb-fontane.de