Aktionstag gegen geschlechtsspezifische Gewalt
Neuruppin/Berlin, 28.11.2022
Anlässlich des „Internationalen Tags gegen geschlechtsspezifische Gewalt“ am 25.11.2022 fand im Café Cralle in Berlin ein Aktionstag mit Vorträgen und Diskussion statt. Organisiert wurde die Veranstaltung durch die Initiativen „Theodora stellt gleich“ der MHB, das Feministische Bildungszentrum „fembi e.V.“, „catcalls of Berlin“ und „Frühjahrsruf“, die jeweils eine unterschiedliche Perspektive auf das Thema geschlechtsspezifische Gewalt mitbrachten.
„Geschlechtsspezifische Gewalt in Medizin und Psychologie“ war das Thema der AG „Theodora stellt gleich“, die neben dem Vortrag auch ein Poster für Mediziner*innen mitbrachte. „Der ‚Internationale Tag gegen geschlechtsspezifische Gewalt ist ja auch bekannt als ‚Tag gegen Gewalt an Frauen‘, was jedoch inter*, nicht-binäre und Transpersonen nicht miteinschließt. Wir haben das Thema geschlechtsspezifische Gewalt in unseren Berufsgruppen aus zwei Perspektiven beleuchtet: zum einen sind Mediziner*innen und Psycholog*innen oft erste und auch einzige Anlaufstelle für Betroffene. Zum anderen wird geschlechtsspezifische Gewalt nicht selten auch durch medizinisches Fachpersonal ausgeübt“, berichtet Rebecca aus der Initiative.
„Vor dem Hintergrund, dass jede 3. Frau im Laufe ihres Lebens von Gewalt betroffen ist und Gewalt durch (Ex-)Partner zu den größten Gesundheitsrisiken für Frauen weltweit gehört, werden wir alle in unserem Berufsalltag, ob wir es wissen oder nicht, mit Betroffenen arbeiten. Und die Zahlen für queere und insbesondere für trans-, inter- und nicht-binäre Personen sind noch höher!“, fährt sie fort. „Wir brauchen professionelle Schulungen, um Betroffene bestmöglich unterstützen und weitervermitteln zu können. Gleichzeitig muss die medizinische und psychologische Ausbildung zur Sensibilisierung für verschiedene Lebensrealitäten und einer offenen Grundhaltung führen, damit FLINTA*, also Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans- und agender Personen sich bei Ärzt*innen und Psycholog*innen sicherer fühlen können“, so die Medizinstudentin der MHB weiter.
Die Aktionsgruppe „Frühjahrsruf“, die Aktionen rund um das Thema sexuelle Selbstbestimmung veranstaltet, hatte das Thema „Konsens“ mitgebracht. „Konsens beim Sex bedeutet, dass alle Beteiligten jederzeit und gleichermaßen mit allem einverstanden sind, was zwischen ihnen passiert. Konsens kann und muss als Instrument gegen Vergewaltigungskultur genutzt werden. Wir brauchen also eine Konsenskultur und die Bildung von Konsens. Es ist wichtig nicht FLINTA* beizubringen, wie sie nicht missbraucht werden, sondern sexuelle Selbstbestimmung zu lehren und damit auch die Achtung von sexueller Selbstbestimmung Anderer“, erklärt Emmie aus der Initiative. Mehr Infos unter www.fruehjahrsruf.com.
Catcalling bezeichnet sexuell anzügliches Hinterherrufen/ Pfeifen/ Geräusche im öffentlichen Raum und stellt eine Form der sexuellen Gewalt dar. „Catcalls of Berlin“ ist Teil einer weltweiten, in New York gestarteten Initiative catcalls of (Stadt), bei der Betroffene ihre Erlebnisse einreichen können, die dann von der Initiative am jeweiligen Ort, z.B. einer Straßenkreuzung, mit Kreide „angekreidet“ werden, um diese Gewaltform für die Gesellschaft sichtbar zu machen. Oft behaupten die ganz mehrheitlich männlichen Täter*innen, sie hätten ja nur ein Kompliment machen wollen – Betroffene fühlen sich jedoch im besten Falle unwohl, nicht selten auch bedroht. „Für den Unterschied zwischen Kompliment und catcall nutzen wir die Faustregel: Wenn du etwas nicht zu deiner Mutter sagen würdest, dann sag es auch zu keiner fremden Person auf der Straße“, sagt Merle von der Initiative. Mehr Informationen auf Instagram unter @catcallsofberlin und auf twitter unter @catcallsberlin.
Der Verein „fembi e.V.“ – kurz für feministisches Bildungszentrum – ist ein Verein, der über feministische Bildungsarbeit empowern, informieren und dazu anregen möchte, sich an der Gestaltung einer feministischen Zukunft zu beteiligen. Zum Aktionstag hat fembi e.V. das Thema „Transfeindlichkeit als geschlechtsspezifische Gewalt“ vorgestellt. „Gewalt gegen trans Personen ist eine wichtige Perspektive auf geschlechtsspezifische Gewalt, da trans Personen oft besonders stark von ihr betroffen sind. Gleichzeitig ist diese Form von Gewalt viel zu wenig im gesellschaftlichen und politischen Bewusstsein verankert“, erklärt Linda von fembi e.V. Mehr Informationen zur Vereinsarbeit finden sich auf www.fembi.org.
Die Veranstalter*innen und die vier Initiativen blicken zufrieden auf den gut besuchten Abend zurück. Ideen für die nächsten Projekte werden bereits diskutiert.