Gerechte Gesundheitsversorgung
MHB und G3 kooperieren für geschlechtersensible Medizin

Potsdam/Neuruppin, 23. Juni 2025
Wie viel Geschlecht steckt in guter Medizin? Diese Frage steht im Zentrum der neuen Partnerschaft zwischen der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) und der Arbeitsgemeinschaft für geschlechtergerechte Gesundheitsversorgung e.V. G3. Im Rahmen einer feierlichen Auftaktveranstaltung am 16. Juni 2025 im Alexianer St. Josefs Krankenhaus Potsdam wurde die Kooperation offiziell gestartet.
Strategischer Schulterschluss für gerechte Versorgung
„Noch immer fehlen adäquate Therapieansätze – vor allem für Frauen“, betont Prof. Dr. Irene Hinterseher, Vizepräsidentin der MHB. „Diese Lücken sind nicht nur statistisch, sondern haben teils lebensbedrohliche Folgen.“ Die MHB will deshalb mit G3 daran arbeiten, geschlechtsspezifische Unterschiede stärker in Forschung, Lehre und Versorgung zu integrieren. Im Zentrum steht eine Versorgung, die sicher, individuell und evidenzbasiert ist – unabhängig vom Geschlecht. Die Kooperation setzt genau dort an, wo neue Erkenntnisse häufig nicht ankommen: in der alltäglichen Behandlungspraxis.
Dr. Jouleen Gruhn, Vizelandtagspräsidentin und Vorsitzende des Gesundheits- und Sozialausschuss des Landes Brandenburg, befürworte die Partnerschaft, die jetzt eine wichtige Lücke zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis, politischer Steuerung und praktischer Versorgung schließe. Eine gerechte Gesundheitspolitik müsse alle Menschen im Blick haben – auch in Hinblick auf geschlechtliche Unterschiede, sagte sie in ihrer Begrüßung. Sie sehe es als wichtige politische Aufgabe dafür zu sorgen, dass die geschlechtersensible Medizin einen größeren Stellenwert in der Gesundheitsversorgung, aber auch in Wissenschaft und Forschung im Land Brandenburg finde: "Als Ärztin weiß ich, wie wichtig es ist, das Bewusstsein von Studierenden für geschlechtersensible Gesundheitsversorgung vom Studienbeginn an zu schaffen, wie es die MHB bereits praktiziert", so Jouleen Gruhn weiter.
Und auch die ehemalige Gesundheitsministerin der Landes Brandenburg, Ursula Nonnemacher, fand lobende Worte für die MHB: "Die MHB ist im Bereich der geschlechtersensiblen Gesundheitsversorgung ganz weit vorn. Die Universität hat sich immer innovativ gezeigt und lebt ein Menschenbild, dass integrativ ausgerichtet ist. Ich war als Ministerin bei der studentischen Initiative "Theodora stellt gleich" zu Besuch und habe dort erlebt, wie die Studierenden sich mit Gendermedizin ganz praktisch befassen. Das war sehr richtungsweisend und ich sehe die MHB als sehr gut geeignet, Gendermedizin voranzubringen."
Ein Fokus der Kooperation liegt dabei auch auf der Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Gesundheitsversorgung. Mit der Initiative #EqualHealthCare macht G3 auf die sogenannte Gender Data Gap aufmerksam – also auf die strukturelle Datenlücke, durch die Frauen und marginalisierte Gruppen in vielen Bereichen – etwa Medizin, Stadtplanung, Technik oder Wirtschaft – unterrepräsentiert oder fehlerhaft dargestellt werden. Künstliche Intelligenz wird die Gesundheitsversorgung entscheidend prägen – doch sie ist nur so gut wie ihre Datengrundlage. „KI kann nur mit dem arbeiten, was ihr zur Verfügung steht. Wenn Daten über Frauen oder marginalisierte Gruppen fehlen, vergrößert sich die bestehende Versorgungslücke“, warnt Antonella Lorenz, IT-Entwicklerin und Vorstandsmitglied von G3.
Während des Events wurde Annegret Hofmann als neues Ehrenmitglied des Vereins geehrt. Als Medizinjournalistin erkannte sie früh, was lange unbeachtet blieb: Frauen und Männer werden anders krank, mit unterschiedlichen Symptomen und Reaktionen auf Medikamente. 2016 hat sie den G3-Verein mitgegründet – und mit nur wenigen Mitgliedern eine bemerkenswerte überregionale Vernetzung aufgebaut. Ihr Engagement hat das Thema sichtbar gemacht – in der Fachwelt und in der Öffentlichkeit.
Impulse aus Forschung und Praxis
Den rund 50 geladenen Teilnehmenden aus Medizin, Forschung und Politik wurden hochkarätige Fachvorträge geboten:
- Dr. med. Elpiniki Katsari (Greifswald) zeigte, wie Herzchirurgie auf unterschiedliche Patient*innenbedürfnisse reagieren muss.
- Dr. rer. nat. Dirk Keiner (Weimar) machte deutlich, dass auch das Medikationsmanagement geschlechtssensibel sein muss.
- Prof. Dr. Bettina Pfleiderer (Münster) forderte die Integration von Gender-Aspekten in die medizinische Lehre.
- Dr. Viyan Sido (Brandenburg) berichtete eindrücklich aus der Praxis der neuen Genderambulanz im Herzzentrum Bernau.
Netzwerk, Austausch, Veränderung
Neben den Impulsen stand der persönliche Austausch im Mittelpunkt. Dabei wurde deutlich, dass der Informationsbedarf enorm ist – und die Kooperation der zivilgesellschaftlichen Organisation G3 und der medizinischen Institution als Hoffnungsträgerin gilt. „Wir bringen das Wissen dahin, wo es gebraucht wird – in die Köpfe der diversen Fachkräfte und die Strukturen des Gesundheitssystems,“ unterstreicht Georgia Fehler. Sie ist Zentrale Gleichstellungsbeauftragte der MHB und treibt das Thema geschlechtergerechte Versorgung als Forschungsthema an der MHB mit voran. Sie übernimmt den Vereinsvorsitz von der langjährigen Vereinsvorsitzenden Annegret Hofmann. Ein besonderer Dank gilt Alexander Mommert, Regionalgeschäftsführer der Alexianer St. Josef Potsdam GmbH, dessen Klinik Gastgeberin für die Veranstaltung war.
Mehr zur Initiative G3 und den Zielen der Kooperation gibt es online unter www.g3gesund.de
Kontakt:
info@g3gesund.de