Forschung
MHB-Studierender gewinnt Posterpreis beim Kongress der DGBS
Neuruppin, 02. Dezember 2024
Bipolare Störungen sind schwerwiegende psychische Erkrankungen, die durch extreme Stimmungsschwankungen zwischen manischen und depressiven Polen gekennzeichnet sind. Lithium gilt im Rahmen der Pharmakotherapie in allen internationalen Leitlinien als Goldstandard in der Langzeitbehandlung und Phasenprophylaxe dieser heterogenen Störung, da es sowohl manische als auch depressive Episoden effektiv verhindern kann und das Suizidrisiko, abseits stimmungsmodulierender Eigenschaften, signifikant reduziert. Trotz seiner diversen Vorteile erfordert die Lithiumtherapie eine sorgfältige Überwachung und ein gutes medizinisches Management, insbesondere hinsichtlich möglicher internistischer Nebenwirkungen wie beispielsweise Nieren- oder Schilddrüsenfunktionsstörungen, die jedoch durch regelmäßiges Monitoring und eine bedachte Dosierung gut kontrolliert werden können.
Forschung im Bereich Lithiumtherapie und bipolar affektive Störungen an der MHB
Der Medizinstudent an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) und Nachwuchswissenschaftler Simon Alexander Stiehl aus der Arbeitsgruppe von Prof. Thomas Stamm, forscht im Rahmen seiner klinisch-psychopharmakologischen Promotion im Bereich der Lithium-Forschung bei bipolar affektiven Störungen in Kooperation mit der Charité Universitätsmedizin Berlin. In einem Forschungsprojekt der kumulativen Forschungsarbeit mit seinem Kollegen Dr. David Saiger geht es um die nephrotoxischen Langzeitnebenwirkungen einer Lithium-Therapie bei einer größeren Kohorte an bipolar erkranken Patienten. Gleichzeitig wird in der Studie der Einfluss von Lithium versus andere stimmungsstabilisierende Medikamente, wie zum Beispiel Antikonvulsiva, atypischen Antipsychotika oder Antidepressiva (sog. Mood Stabilizer) in Bezug auf das psychosoziale Funktionsniveau (FAST-Assessment) sowie die klinische Therapie-Response (ALDA-Scale) gezogen.
Als Fazit aus der vorliegenden Studie kann die langfristige Anwendung von Lithium das Risiko für die Entwicklung einer chronischen Niereninsuffizienz (CKD) erhöhen, wobei die Wirkung vergleichbar mit der altersbedingten jährlichen Abnahme der glomerulären Filtrationsrate (GFR) ist. Nach mehr als zwei Dekaden Lithiumtherapie sind moderate Einschränkungen der Nierenfunktion häufig, während schwerere Stadien der Niereninsuffizienz seltener auftreten. Trotz dieser Risiken bleibt Lithium in der Vorbeugung von Phasen bipolarer Störungen anderen Medikamenten überlegen, sowohl hinsichtlich der Wirksamkeit als auch des erzielten psychosozialen Funktionsniveaus. Daher sollte eine mögliche Anpassung der Therapie aufgrund eingeschränkter Nierenfunktion stets mit Bedacht und unter Berücksichtigung der Wirksamkeit und des erreichten Funktionsniveaus erfolgen. Diese Entscheidung sollte in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen getroffen werden und den Patient:innen im Rahmen der geteilten Entscheidungsfindung aktiv-partizipativ einbinden.
DGBS-Jahrestagung 2024: „25 Jahre im Zeichen des Trialogs“
Die 23. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS) e. V. fand vom 12. bis 14. September 2024 in der Universitätsklinik Frankfurt am Main statt. Unter dem Motto "25 Jahre im Trialog" bot die Veranstaltung ein vielfältiges Programm für Fachleute, Betroffene und Angehörige. Ein besonderer Fokus lag auf der Selbsthilfe, exemplarisch durch die Veranstaltung "Meet the Podcasters", die Einblicke in die Welt der Podcast-Produktion von Menschen mit bipolaren Störungen gewährte. Die Auftaktveranstaltung mit einer Podiumsdiskussion der DGBS-Gründungsmitglieder bot einen Rückblick auf 25 Jahre Entwicklung und einen Ausblick auf künftige Herausforderungen.
Förderung von Nachwuchswissenschaftlern und Auszeichnung durch Poster Preise
Durch ein Kongress-Stipendium in Höhe von 400 Euro im Rahmen einer intern bezuschussten Forschungsförderung seitens der Fakultät für Gesundheitswissenschaften (FGW) und der MHB, konnte Simon A. Stiehl seine Forschungsarbeit in Frankfurt am Main der Öffentlichkeit präsentieren. Insgesamt wurden zwölf Forschungsarbeiten aus unterschiedlichen, deutschlandweiten Arbeitsgruppen zu bipolaren Störungen im Rahmen der Poster Session vorgestellt und diskutiert. Vor allem der Forschungsbeitrag von Stiehl wurde im Rahmen der Präsentation großes Interesse entgegengebracht.
Bei der Posterpreis-Verleihung wurden sechs Nachwuchswissenschaftler:innen am darauffolgenden, letzten Kongresstag für ihre besonderen Forschungsbeiträge ausgezeichnet. Die Auszeichnung gingen an (jeweils Erstautoren) deren Poster besonders durch wissenschaftliche Relevanz, Originalität und Präsentation überzeugten konnten. Stiehl konnte sich dabei in der wissenschaftlichen Diskussion gegenüber der trialogischen Jury (bestehend aus Betroffenen, Angehörigen sowie Professionellen) und dem Plenum sowie seinen diversen Mitstreiter:innen durchsetzen und wurde mit einem DGBS-Posterpreis (dotiert mit 500 Euro) ausgezeichnet. Die Preise, gestiftet von der Familie Schröder, unterstreichen das Engagement der DGBS in der Förderung junger, zukünftiger Forscher:innen. Weitere Informationen zum 23. DGBS-Kongress gibt es hier. Mit mehr als 350 Teilnehmenden erwies sich die Jahrestagung letztendlich als großer Erfolg und unterstrich das wachsende Interesse an bipolaren Störungen. Die nächste DGBS-Jahrestagung wird vom 18. bis 20. September 2025 an der Universitätsklinik Augsburg stattfinden.
Weitere Vorstellungen der Forschungsarbeit folgen
Insgesamt war der deutschlandweite Kongress eine gute und nachhaltige Erfahrung für den weiteren wissenschaftlich-akademischen Werdegang des Promovenden, worauf weiter aufgebaut werden kann. Auch im Folgejahr ist Simon A. Stiehl als Nachwuchswissenschaftler für einen expliziten Plenumsvortrag bei der 24. Jahrestagung der DGPS unter dem Hauptthema „Bipolare Störungen und körperliche Gesundheit“ eingeladen worden, sein Forschungsprojekt sowie neue Forschungsergebnisse im Rahmen eines größeren Plenumsvortrages am Universitätsklinikum Augsburg vorzustellen. Als weitere MHB-interne Information wurde die Forschungsarbeit erneut im Rahmen des 5. Alternssymposium der MHB (ZAF-BB) vorgestellt. Schließlich kann sich die Fachleserschaft auch über eine baldige Publikation zu der besagten Kohorten-Studie freuen.