Der Forschungsbereich „Psyche“ stellte seine neuen Projekte vor
Rüdersdorf, 17. April 2023
Der Forschungsbereich Seelische Gesundheit oder kurz „Psyche“ veranstaltete am Donnerstag, 30. März, mit 60 Teilnehmenden sein jährliches Symposium im Universitätsklinikum Immanuel Rüdersdorf der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB). Die Veranstaltung, die von Prof. Martin Heinze, Chefarzt der Hochschulklinik für Psychiatrie der Immanuel Klinik Rüdersdorf und einer der drei Sprecher des Forschungsbereichs, eröffnet wurde, diente vor allem der internen und externen Vernetzung der Forschenden.
Der Forschungsbereich Seelische Gesundheit ist mit Akteur*innen aus der Psychiatrie, Psychologie, und Neurologie interdisziplinär aufgestellt. Dieser kombiniert experimentelle Grundlagenforschung, mit klinischer Forschung und Versorgungsforschung, um einen umfassenden, multiperspektivischen Blick auf psychische Erkrankungen zu werfen. Die unter dem Forschungsbereich gebildeten integrierten Arbeitsgruppen stellten sich und ihre neusten Projekte vor.
Dr. Volker Dahling, Leiter der Integrierten Arbeitsgruppe (IAG) Alterspsychiatrische Forschung, präsentierte das durch den Innofonds geförderte Projekt RegioDem. Dabei handelt es sich um eine bundesweite Untersuchung von Routinedaten von gesetzlichen Krankenversicherern (Barmer, DAK, TK) zu regionalen Unterschieden in der Versorgungsqualität von Menschen mit Demenz. Diese Untersuchung wird durch partizipative Begleitforschung flankiert sowie deren Ergebnisse durch ein Gremium von Expert*innen abschließend synthetisiert und in Empfehlungen überführt.
Dr. Julian Schwarz, Leiter der IAG Mental Health Policy & Digitalization, berichtete über die aus den USA und Skandinavien bekannte Open Notes Initiative. In der PEPPPSY-Studie wird untersucht, ob das digitale Teilen von klinischen Verlaufsnotizen mit den Patient*innen zu mehr Transparenz in der Versorgung führen kann. Erste Ergebnisse zeigen, dass der Aufwand für die Behandler*innen gering ist, aber zu mehr Awareness auf beiden Seiten führen kann. Das Projekt soll von der Psychiatrie auf somatische Kliniken ausgeweitet werden.
Dr. Yuriy Ignatyev, Mitglied derselben IAG, erfasst und vergleicht das individuelle Patient*innenerleben in ambulanten, stationären und teilstationären Settings mittels aus der Marktforschung bekannter „Semantischer Differentiale“. Mittels einer Vielzahl entgegengesetzter Adjektivpaare kann das Erleben quantitativ beschrieben werden.
Prof. Sebastian von Peter, Leiter der IAG Psychische Gesundheiten*, sensibilisierte seine Kolleg*innen über Abstufungen der Partizipation und deren Impact in klinischen Studien und Designs der Versorgungsforschung. Er ermunterte zum Einbezug von Peer-Forscher*innen, wie beispielsweise in den Projekten ImpPeer-Psy5 oder PsychCare.
Nach intensiven Gesprächen während der Kaffeepause, leitete Prof. Joachim Behr, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Universitätsklinikum Ruppin-Brandenburg (ukrb), durch den zweiten Block „Klinische Forschung und Psychologie“. Dr. Pichit Buspavanich, Leiter der IAG KJEPP (Klinische Studien in der Kinder-, Jugend- und Erwachsenen Psychiatrie und Psychotherapie), stellte dabei das vom BMBF geförderte Projekt LiNaKre vor. In diesem wird ein Gerät und eine App zur Messung des Lithiumspiegels im Speichel entwickelt und evaluiert wird. Lithium wird vor allem bei therapieresistenter Depression verabreicht und kann bei zu hohen Dosen toxisch wirken.
Dr. Johannes Rentzsch, Oberarzt am ukrb, präsentierte das seit vergangenem Jahr geförderte Projekt VeRDoC. In Kooperation mit dem EEG-Labor der MHB (PD Dr. Kerstin Jost) und der Universität Potsdam (Prof. Dr. Michael Rapp) läuft dieses standortübergreifend an den psychiatrischen Kliniken in Neuruppin und Rüdersdorf. Ziel der Studie ist es, psychiatrische Patient*innen transdiagnostisch auf psychischen Basisfunktionen (sog. Research Domain Criteria) mittels Selbstbeurteilung, kognitiver Tests und EEG-Messungen zu charakterisieren und in Zusammenhang mit Versorgungsparametern (wie bspw. Verweildauer oder Therapieerfolg) zu bringen. Künftig könnten dadurch individualisierte, präzisions-medizinische Therapieansätze inspiriert werden.
Dr. Laura Galbusera, Vertretung der Professur für Systemische Psychotherapie, stellt ihre Projekte vor, die in Zusammenarbeit mit der IAG Psychische Gesundheiten* laufen. Im Fokus stehen Netzwerkorientierung nach dem offenen Dialogansatz und Ressourcenorientierung nach der dialogischen Psychiatrie zwischen Nähe und Distanz. Ihr Ziel ist es auch, die ursprünglich interdisziplinäre Ausrichtung der systemischen Therapie wiederzubeleben, um systemische Erklärungsmodelle in der Psychopathologie und Psychotherapieforschung weiterzuentwickeln.
Prof. Bertram Opitz, seit 2022 neuer Professor für Allgemeine Psychologie und Leiter der IAG Kognitive und Neurophysiologische Grundlagen, berichtete über Forschung des Feedback-basierten Lernens und deren neuronalen Korrelate im EEG und fMRT. Interessanterweise führt negatives Feedback zu höheren Lernerfolgen, vor allem im jungen Erwachsenenalter. Er zeigte auch, dass Meditation einen ähnlichen Effekt wie Medikamentengabe haben kann, um über Optimierung des dopaminergen Systems Lernerfolge zu erhöhen. Die Vortragsreihe wurde durch ausgiebige Vernetzungsgespräche abgerundet. Im Anschluss fand ein Strategiemeeting statt, bei dem die weitere organisatorische und inhaltliche Zusammenarbeit innerhalb des Forschungsbereichs festgelegt wurde.